Clemens-Brentano-Preis 2020

Levin Westermann für Lyrikband „bezüglich der schatten“ ausgezeichnet

Brentano-Preisträger 2020: Levin Westermann.
Brentano-Preisträger 2020: Levin Westermann. (Foto: Bettina Wohlfender)

Der Clemens-Brentano-Preis für Literatur der Stadt Heidelberg ging 2020 an den Schriftsteller Levin Westermann. Er erhielt den Preis für seinen Lyrikband „bezüglich der schatten“ (Verlag Matthes & Seitz Berlin, 2019). Trotz schwieriger Rahmenbedingungen aufgrund der Corona-Pandemie hatten sich die Stadt und die Jurymitglieder darauf geeinigt, den Preis in diesem Jahr nicht auszusetzen, sondern die Jurysitzung zur Preisvergabe digital über Videokonferenz abzuhalten; die Preisvergabe fand in kleinerem Kreis in der Stadtbücherei Heidelberg statt.

Intime Auseinandersetzung mit der Zerstörbarkeit von Leib und Natur

In der Jury-Begründung heißt es: „Levin Westermanns Texte leben von suggestiven Bildern, vom Rhythmus der Sprache und der Arbeit am Klang. Zum postapokalyptischen Sound und einer intimen Auseinandersetzung mit Trauer und Verzweiflung angesichts der Zerstörbarkeit des Leibes sowie der Natur gesellen sich Humor und sprachlicher Glanz. Die Gedichte nehmen jedes einzelne Wort ernst und fügen sich zu Zyklen mit einer jeweils eigenen Form. Dabei bewegen sie sich in einem weiten Raum literarischer Tradition.“
 
Levin Westermann wurde 1980 in Meerbusch geboren, studierte an der Hochschule der Künste Bern und lebt als freier Schriftsteller in Biel. Seine Gedichte wurden in Anthologien und Literaturzeitschriften veröffentlicht. 2010 gewann er den Lyrikpreis beim 18. Open Mike. Sein Debütband „unbekannt verzogen“ erschien Ende 2012 bei luxbooks. 2013 hatte er ein Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlins inne. 2014 erhielt er den Orphil-Debütpreis der Stadt Wiesbaden. 2017 erschien bei Matthes & Seitz Berlin sein zweiter Lyrikband 3511 Zwetajewa. 2020 wählte ihn die Stadt Tübingen als neuen Stadtschreiber aus.
 
Der Brentano-Preis-Jury gehörten 2020 als professionelle Jurymitglieder an: Thorsten Dönges (Literarisches Colloquium Berlin), Dr. Christine Lötscher (Literaturkritikerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Zürich), Martina Senghas (Hörfunkjournalistin, SWR Mannheim) sowie Dr. Jan Wiele (Feuilleton- und Literaturredakteur der FAZ). Als studentische Jurymitglieder waren Rebecca Hoppe, Johanna Graziotto und Alina Jacobs beteiligt. 

Preisverleihung 2020

Dr. Joachim Gerner und Levin Westermann bei der Preisverleihung 2020. (Foto: Gös)
Preisverleihung in Corona-Zeiten: Levin Westermann (rechts) erhielt in der Stadtbücherei Heidelberg von Bürgermeister Dr. Joachim Gerner den Clemens-Brentano-Preis 2020. (Foto: Gös)

Die Preisverleihung und Lesung des Preisträgers fand am 28. Oktober 2020 im Hilde-Domin-Saal der Stadtbücherei Heidelberg statt. 
Laudator Christian Metz würdigte die zahlreichen literarischen Resonanzräume in Westermanns Lyrik und lobte vor allem eine Eigenschaft des in seinen Augen außergewöhnlichen Preisträgers: „Westermann legt höchste Maßstäbe gegenüber dem von ihm Verfassten an. Er fordert von seiner Lyrik nicht weniger als ‚poetische Einsichten‘. Die schreibt man nicht einfach daher. Auf die muss man – auch als Autor – warten können, um dann akribisch an ihr zu arbeiten“, so Christian Metz.

Kulturbürgermeister Dr. Joachim Gerner lobte Westermanns Band als das Werk eines Solitärs, der mit der literarischen Tradition ebenso vertraut ist wie mit den gegenwärtigen kulturellen Debatten: „Er thematisiert gesellschaftliche Krisen ebenso wie Veränderungen, die das individuelle, persönliche Leben betreffen. Seine Figuren bewegen sich dabei durch einen katastrophisch gestimmten Raum – vorwiegend Landschaften, die im wortwörtlichen wie übertragenen Sinne eisig sind. Man denkt an Beckett und an den Engel der Geschichte. Ein Fuchs geht um, die Vögel verharren lauernd in den Ästen: Endzeitstimmung kurz gesagt. Westermann beschwört sie mit der Wucht eines antiken Dramas – immer aber auch mit einem Hauch des Surrealen und Phantastischen.“

Preisträger Levin Westermann sagte in seiner Dankesrede: „Ich freue mich ungemein über den Preis, da er nicht nur eine große Ermutigung für die Zukunft ist, sondern mir in diesen schwierigen Wochen und Monaten auch ganz konkret geholfen hat, wieder zum Schreiben zu finden.“

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