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Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie
Lernort Natur, Geo- und Naturpark
Theaterstraße 9
69117 Heidelberg

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Wissenswertes

An vielen Stellen auf der Heidelberger Gemarkung findet man Informationstafeln, die ein spezielles Thema des Ortes genauer erläutern. Dies können Erklärungen zur Kulturgeschichte, zu Besonderheiten des Naturraums oder der Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren sein. 

Über einen QR-Code auf den Informationstafeln können Besucher und Besucherinnen auf diese Seite mit wissenswerten Themen gelangen. Hier finden Sie vertiefende Informationen um sich die Themen schnell und fachlich kompakt zu erschließen. 

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Liste der Themen

Wildbienen

Wildbienen

In Deutschland gibt es über 560 verschiedene Wildbienenarten. Bis auf wenige Ausnahmen leben diese Arten solitär, d. h. sie leben einzeln und bilden keine Staaten, wie etwa Honigbienen, Wespen und Hornissen.
Die verschiedenen Hummelarten allerdings zählen, obwohl staatenbildend, ebenso zu den Wildbienen, wie etwa auch die recht häufige, staatenbildende Furchenbiene.  
Viele Wildbienenarten - ob Zottel-, Pelz-, Sand- oder Seidenbienen - werden nur wenige Millimeter groß und es bedarf wegen ihrer geringen Größe eine gewisse Aufmerksamkeit um sie zu entdecken. Die Sand-Steppenbiene etwa erreicht ausgewachsen nur eine Größe von 4 mm.
 
Die allermeisten Wildbienenarten können nur über eine kurze „Flugzeit“ des Jahres, meist 4-6 Wochen beobachtet werden.
 
Viele Arten sind zudem an einen speziellen Lebensraum gebunden. Dabei sind zwei Kriterien entscheidend:

  1. Jede Art ist auf bestimmte Arten von Blütenpflanzen zum Sammeln von Pollen und Nektar, als Nahrung für die ausgewachsenen (adulten) Tiere und zur Anlage eines Nahrungsvorrats für die Larven, angewiesen.
  2. Der Naturraum sollte die richtige Ausstattung zur Anlage von Brutröhren bietet.

Brutröhren mit vielen Brutzellen
Etwa ¾ der Wildbienenarten legen ihre Brutröhren im Erdboden an. Die restlichen Wildbienenarten nutzten natürliche Hohlräume, wie alte Bohrgänge im Totholz (von Käfern und ihren Larven), hohle Pflanzenstängel oder auch Fels- und Mauerspalten zur Anlage ihrer Brutröhren. Einige Arten sind auf besondere Orte, wie etwa leere Schneckenhäuser (Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene) zur Anlage ihrer Brutröhre spezialisiert.  
 
In dieser Röhre oder Hohlraum werden dann eine oder mehrere Brutzellen angelegt. Diese werden je nach Wildbienenart aus ganz unterschiedlichen Baumaterialien gefertigt: Erde, Laub- oder Blütenblattstücke, Pflanzenwolle, Harz, zerkautes Blattmaterial, Mark- oder Holzpartikel. Hier wird die hohe Anpassung der verschiedenen Arten an verschiedene Lebensräume deutlich. Um das Eindringen von Wasser und Pilzbefall in die Brutzelle zu verhindern, imprägnieren viele Wildbienen diese mit wasserabstoßenden Drüsensekreten.

Männchen der gehörnten Mauerbiene

Beispiel Gehörnte Mauerbiene
Die Gehörnte Mauerbiene ist mit ihrem roten Hinterleib gut zu erkennen und wird zwischen 12-16 mm groß. Das Bild oben zeigt ein männliches Tier, dass an seinen weißen "Hörner" erkennbar ist. Diese recht häufige, größere Vertreterin der Mauerbienen fliegt von Mitte März bis in den Juni hinein und legt ihre Brutröhren in sonnenexponierten, vegetationslosen Löß- und Lehmwänden an. Im Siedlungsbereich nutzt sie aber auch offene Fugen, Ritzen und Löcher in Mauern und nimmt verschieden Nistmöglichkeiten in Insektenhotels an. In einer Brutröhre baut das Weibchen bis zu zwölf Brutzellen aus einem Gemisch aus körpereigenen Drüsensekreten und feuchtem Sand oder Lehm. Darin legt sie jeweils einen Vorrat an Pollen von verschiedensten Blütenpflanzen an. Sie selbst ernährt sich vom Nektar der besuchten Blüten 15 verschiedener Pflanzengattungen.

Entwicklungszyklus der gehörnten Mauerbiene
In der mit Pollen und Nektar bestückten Brutzelle hat die aus dem Ei schlüpfende Larve genug Futter, um heranzuwachsen, den Winter im Kokon eingesponnen zu Überdauern und sich im Frühjahr bei der richtigen Temperatur zu Verpuppen. Nach etwa 10-20 Tagen schlüpft die Wildbiene und nagt sich aus ihrer Brutzelle heraus um für 4-6 Wochen auszufliegen, sich zu paaren und ihre Brutröhren anzulegen. Nach dem Bau der Brutzelle mitsamt der Eiablage beginnt der Zyklus dann wieder von vorne.

Bedeutung im Ökosystem und für den Menschen
Wildbienen sind sehr nützlich. Bei ihrem Tun ihre Brut mit ausreichend Vorräten für ein erfolgreiches Überleben auszustatten, bestäuben sie bis zu 80% der Wild- und Nutzpflanzen.
Die Bestäubungseffizienz ist dabei sogar erheblich höher als die der Honigbiene. Dort wo viele Wildbienen vorkommen, setzen die Kulturpflanzen (z.B. Apfelbäume) mehr Früchte an und die Ernte fällt in der Regel höher aus (1). Der Wert der Bestäubungsleistung für die deutsche Landwirtschaft beträgt in etwa 3,8 Mrd. Euro (2).

Die Bestäubung der Wildpflanzen durch die Wildbienen sichert deren Fortbestand und somit den Erhalt der Ökosysteme, die mit ihren Ökosystemdienstleistungen wiederum einen unschätzbaren Wert für den Menschen haben.   
Mit ihrer großen Individuenzahl und Artenvielfalt sind Wildbienen ein Schlüsselelement zum Erhalt der Biodiversität und auch für die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion. Auch als Nahrungsgrundlage selbst sind viele Wildbienen für den Fortbestand der Populationen vieler Insekten und Vögel wichtig.

Bedrohung
Viele Wildbienenarten in Deutschland sind bedroht. In den letzten Jahrzehnten sind ihre Bestände, wie die Bestände sonstiger Insekten auch, vielerorts stark eingebrochen. Hauptgründe dafür sind der großflächige Lebensraumverlust sowie der Einsatz von Pestiziden. Auch der Klimawandel setzt den Wildbienen durch die Verschiebung von Blütezeiten und extremen Wetterlagen zu. Viele Blütenpflanzen, welche es in artenreichen Mähwiesen und Viehweiden aber auch Ackerflächen mit breiten, ungenutzten Randstreifen und auf Brachflächen mit Ruderalvegetation gab, sind selten geworden. Ebenso fehlen häufig Strukturelemente zur Anlage von Brutröhren wie z.B. offene Bodenstellen, Sandwege, Steinhaufen und alte Hecken mit Totholz.
 
Aktuell gelten daher etwa 200 Wildbienenarten in Deutschland als im Bestand gefährdet. 37 sind aktuell vom Aussterben bedroht (3).
 Hilfe und Schutzmaßnahmen für Wildbienen in Heidelberg
Auf Landschaftsebene sollten existierende Lebensräume mit entsprechend vielfältigen Angebot an Blütenpflanzen zur Nahrungssuche und Strukturen zur Anlage von Brutröhren (bspw. offene Bodenstellen, Natursteinmauern und Totholzelemente) erhalten, geschützt und wieder neu angelegt werden. So kann bei der Pflege von Streuobstwiesen Totholz an sonnigen Stellen belassen und Wiesen können abschnittsweise und erst spät im Jahr gemäht werden.
 
Die Stadt Heidelberg fördert daher schon seit 1992 die Extensivierung von Ackerflächen, die Anlage von Ackerrandstreifen sowie Blühbrachen durch lokale Landwirte. Auch die Anlage von Hecken, Feldgehölzen oder Obstbaumreihen und die Umwandlung von Acker zu Extensivgrünland werden im Rahmen des Heidelberger Biotopvernetzungsprogramms auf aktuell ca. 60 ha unterstützt. Insgesamt werden die Maßnahmen mit knapp 100.000 Euro im Jahr gefördert. Darüber hinaus lässt das Umweltamt zahlreiche Grundstücke im Außenbereich zum Zwecke des Naturschutzes extensiv unterhalten.  
 
Auch im städtischen Grün, in Parks, an Straßen- und Wegrändern ist eine große Vielfalt von Nahrungspflanzen und Habitatstrukturen sowie deren räumliche Vernetzung für die Wildbienen wichtig. Auch ein Verzicht auf Pestizide hilft den Wildbienen. So ist Heidelbergs Stadtgärtnerei seit 2017 nach der EG-Öko-VO zertifiziert und setzt als erste städtische Gärtnerei in Deutschland keine Pestizide mehr ein.
 
Im eigenen Garten können verwilderte und naturnah gestaltete Bereiche mit einer entsprechender Vielfalt einheimischer Blütenpflanzen einen guten Beitrag zum Wildbienenschutz leisten. Auch die Anlage von Sandarien und das Aufstellen von Wildbienenhäusern sind wichtige ergänzende Bausteine mit denen Wildbienen geholfen werden kann. 
 


Weiterführenden Informationen zu der Vielfalt der Wildbienen und eine Anleitung zum Bau von Sandarien und Wildbienenhotels finden Sie unter:

- Faszination Wildbienen - Grandiose Vielfalt

- Anleitung zum Bau von Nisthilfen für Wildbienen 


Quellen

1) Christian Lippert, Arndt Feuerbacher, Manuel Narjes: Revisiting the economic valuation of agricultural losses due to large-scale changes in pollinator populations, Ecological Economics, 2020, https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2020.106860.
2) Garibaldi L.A. et al. (2013): Wild pollinators enhance fruit set of crops regardless of honey-bee abundance. In: Science, (28. Februar 2013), DOI: 10.1126/science.1230200.
3 NaBiV Heft 70/3: Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1).

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