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Preis der Lutherstädte

"Das unerschrockene Wort" verliehen

Der russische Journalist Dmitrij Muratow hat am 14. Mai in Heidelberg den mit 10.000 Euro dotierten Preis der Lutherstädte "Das unerschrockene Wort" aus den Händen von Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner entgegengenommen. Muratow und die Redaktion der russischen Tageszeitung Nowaja Gaseta erhielten die Auszeichnung für ihr unerschrockenes Auftreten gegen Korruption, Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit und Verletzung der Menschenrechte.

Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner: "Auf Kolleginnen und Kollegen von Dmitrij Muratow wurden in den vergangenen Jahren Anschläge mit zum Teil tödlichem Ausgang verübt. Seit 2000 wurden fünf Mitarbeiter der Nowaja Gaseta ermordet, drei weitere wurden durch gezielte Anschläge verletzt. Herr Muratow und seine Kolleginnen und Kollegen betreiben dennoch weiterhin mutigen Journalismus. Dieser Mut und dieser beispielhafte Einsatz für die Meinungs- und Pressefreiheit sollen heute ausgezeichnet werden."

Als Laudator begrüßte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner Pfarrer Friedrich Schorlemmer, dessen Aufruf zur Gewaltlosigkeit bei der Massendemonstration im November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz unvergessen ist. Schorlemmer würdigte in seiner Rede den Mut und die Zivilcourage derer, die für die Freiheit leben und ihr Leben riskieren, satt sich mundtot machen zu lassen. "Eine kleine Zeitung ist zu einer großen Insel der Freiheit, des freien Wortes geworden", sagte Schorlemmer und erinnerte an die ermordeten russischen Journalistinnen und Journalisten der Nowaja Gaseta, deren mutiges Zeugnis Dmitrij Muratow und die Kollegen unter täglich gegenwärtiger Lebensbedrohung fortführten. "Den Mund aufzumachen für die Stummen, die Stummgemachten und die inzwischen längst Verstummten", hierzu appellierte Schorlemmer.

In seiner schriftlichen Dankesrede prangerte Dmitrij Muratow die Korruption als gesellschaftliches Übel an, das es zu ahnden gelte. Muratow: „Die Korruption ist die neue Apartheid. Sie raubt Völkern ihre Zukunft.“ Aus aktuellem Anlass berichtete Muratow vom Schicksal der Weißrussland-Korrespondentin der Nowaja Gaseta, Irina Chalip. Während der Feierstunde erreichte Muratow eine Kurznachricht, der zufolge die Journalistin und Gattin des weißrussischen Oppositionspolitikers Andrej Sannikow, verurteilt werden soll, weil sie an einer friedlichen Demonstration gegen die Regierung teilgenommen habe.

Die Lutherstädte reagierten darauf mit einer Resolution an den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko mit folgendem Wortlaut:

"Die Jury der 16 Lutherstädte protestiert gegen das Urteil gegen Andrej Sannikow, der genau am heutigen Tag, dem 14. Mai 2011, in Minsk zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Als Präsidentschaftskandidat hatte Sannikow im vergangenen Jahr friedlich gegen das Lukaschenko-Regime demonstriert. Die Lutherstädte fordern die Justizbehörden Weißrusslands auf, dieses Urteil aufzuheben. Ebenso verlangen sie, den Prozess gegen die regimekritische Journalistin Irina Chalip, die Ehefrau Sannikows, einzustellen; ihr droht in der kommenden Woche eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft wegen ‚Störung der öffentlichen Ordnung‘. Die europäische Staatengemeinschaft muss den Druck auf das Lukaschenko-Regime erhöhen, um die Einhaltung der Menschenrechte durchzusetzen und um alle Menschen, die unerschrocken ihr Wort erheben, zu schützen." (Resolution der Lutherstädte vom 14. Mai 2011)

v.l.n.r.: Irina Stolyarova, Ehefrau des Preisträgers, Dmitrij Muratow sowie der Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, Dr. Eckart Würzner, bei der Verleihung des Preises der Lutherstädte am 14. Mai 2011 im Heidelberger Rathaus (Foto: Rothe)

Zum Hintergrund:

  • Die Preisträger
    Die "Nowaja Gaseta" ist international bekannt für ihre Veröffentlichungen über Korruption und organisierte Kriminalität in Russland sowie für ihr Engagement für die Einhaltung der Menschenrechte und eine friedliche Lösung des Tschetschenienkonflikts. Chefredakteur Dmitrij Muratow zählt zu jenen russischen Intellektuellen, die seit der Perestroika für Demokratie und Menschenrechte eintreten. Für die Redaktion der von Muratow 1993 gegründeten Zeitung haben unter anderem die ermordeten Journalisten Anna Politkowskaja und Juri Schtschekotschichin gearbeitet. Der 1961 geborene Muratow steht stellvertretend für kritische, unabhängige Journalisten in Russland, die ihr eigenes Leben für die Pressefreiheit riskieren.
  • Der Preis
    Der Preis "Das unerschrockene Wort" wurde von den Lutherstädten anlässlich des Lutherjahres 1996 im Gedenken an den Reformator Martin Luther gestiftet, der seine Überzeugung mutig und standhaft gegenüber den Autoritäten seiner Zeit verteidigt hat. Mit dem Preis "Das unerschrockene Wort" sollen Frauen und Männer geehrt werden, heißt es in den Grundsätzen für die Preisvergabe, "die in einer besonderen Situation oder bei einem konkreten Anlass, aber auch beispielhaft über einen größeren Zeitraum hinweg, in Wort und Tat für die Gesellschaft, die Gemeinde, den Staat bedeutsame Aussagen gemacht und gegenüber Widerständen vertreten haben. Dabei soll es weniger um eine Zustandsbeschreibung gehen als um wegweisende zukunftsgerichtete Überlegungen". Die Preisträger können aus Deutschland oder aus dem Ausland kommen. Der Preis wird seit 1999 alle zwei Jahre verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert. Das Vorschlagsrecht liegt bei den an der Stiftung beteiligten Städten und den berufenen Jurymitgliedern. Die beteiligten Lutherstädte rufen im Vorfeld die Bürgerinnen und Bürger über eine Ausschreibung und über die Presse dazu auf, Personen zu benennen, die durch ihr "unerschrockenes Wort" hervorgetreten sind.
  • Bisherige Preisträger
    Preisträger waren bisher 1996 Prof. Dr. Richard Schröder, 1999 Prof. Dr. Hans Küng, 2001 Uta Leichsenring, 2003 Gertraud Knoll, 2005 Stephan Krawczyk, 2007 Emel Abidin-Algan und 2009 Andrea Röpke.
  • Die Jury
    Mitglieder der Jury des Preises „Das unerschrockene Wort“ sind die (Ober-) Bürgermeister aus Augsburg, Coburg, Eisenach, Eisleben, Erfurt, Halle, Heidelberg, Magdeburg, Marburg, Nordhausen, Schmalkalden, Speyer, Torgau, Wittenberg, Worms und Zeitz sowie weitere berufene Jurymitglieder. Heidelberg war 2010 erstmals Tagungsort für die Jury.

Weitere Infos

Broschüre zum Preis "Das unerschrockene Wort" 2011 (1,4 MB)
Laudatio Pfarrer Friedrich Schorlemmer

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