Blindenstadtmodell auf dem Karlsplatz an die Stadt übergeben und eingeweiht

Fünf Rotary Clubs aus Heidelberg spenden Bronze-Relief / Herstellung nach alter Handwerkskunst

Oberbürgermeister Eckart Würzner, Präsidenten der fünf Heidelberger Rotary Clubs und Rotary-Mitglieder enthüllen das neue Blindenstadtmodell auf dem Karlsplatz.
Altstadt zum Anfassen: Oberbürgermeister Eckart Würzner, Präsidenten der fünf Heidelberger Rotary Clubs und Rotary-Mitglieder enthüllen das neue Blindenstadtmodell auf dem Karlsplatz. (Bild: Stadt Heidelberg)

Die Altstadt wird wahrnehmbar – nun auch für alle, die die historischen Bauwerke nicht mit eigenen Augen sehen. Blinde und Menschen mit Sehschwäche können die Altstadt künftig mit ihren Händen erkunden. Das ermöglicht das neue Blindenstadtmodell im Maßstab 1:800, das am Mittwoch, 14. Oktober 2020, auf dem Karlsplatz eingeweiht wurde. Gespendet haben es die fünf Rotary Clubs Heidelberg, Heidelberg Schloss, Heidelberg Alte Brücke, Heidelberg Neckar und Heidelberg-Mannheim International. Auch die Initiative für das Stadtmodell stammt vom Rotary Club: Herbert A. Jung hat es mit Unterstützung von Dietrich Götze, Frieder Hepp, und Rolf Stroux auf den Weg gebracht. Rotary bildet als ältester und einer der größten Service Clubs ein weltweit aktives, sozial engagiertes Netzwerk, welches sich hauptsächlich über humanitäre Dienste und den Einsatz für Frieden und Völkerverständigung definiert.

Oberbürgermeister Eckart Würzner: „Das Modell gibt die besondere topografische Lage der Altstadt wieder. Schloss, Heiliggeistkirche und Alte Brücke sind klar zu ertasten. Die Altstadt wird damit begreifbar – vor allem für blinde Menschen. Aber auch allen Sehenden eröffnet das Modell neue Perspektiven. Die Altstadt gibt es fortan zum Anfassen – bis hinauf zur Kirchturmspitze. Unser Dank hierfür gilt den fünf Rotary Clubs Heidelberg, die dieses großartige Projekt angestoßen und finanziert haben. Dieses macht unsere Stadt erneut ein Stück barrierefreier.“

Die Abbildung der Altstadt stammt von Bildhauer Felix Brörken aus Welver in Westfalen, der sich auf die Darstellung urbaner Altstadtkerne als Blindenstadtmodell spezialisiert hat. Aus seinem Entwurf fertigte die Gießerei Schwab aus Münster ein Modell, das in Bronze gegossen wurde. Das zweieinhalb Quadratmeter große und rund 210 Kilogramm schwere Stadtrelief findet seinen Platz auf einem Sandsteinsockel, den die Stadt Heidelberg anfertigen ließ und finanzierte.

Vom Kunststoffentwurf hin zur 210 Kilogramm schweren Stadtskulptur

Für die Erstellung eines maßstabgetreuen Stadtmodells benötigt der Künstler Felix Brörken rund zehn Monate. Im ersten Arbeitsschritt besucht er die jeweilige Stadt und fotografiert Straßen und Gebäude. Mithilfe von Kataster- und Höhenlinienplänen kann er anschließend Längen, Breiten und Höhen der Gebäude und Häuser maßstabgetreu abbilden. Die Häuser werden in Styrodor, einen Hartschaum, gesägt und Details wie Fenster und Türen mit dem Messer geschnitzt. Im ersten Schritt entstand so ein Kunststoffentwurf, der im September 2019 auf dem Karlsplatz vorgestellt wurde. Die weitere Verarbeitung und der Guss erfolgte in der Bronzegießerei Busch in Münster.

Damit Topographie, Bauwerke sowie die filigranen Erläuterungen in Blindenschrift optimal ertastet werden können, wendet die Bronzegießerei ein spezielles Verfahren an: Die Stadtmodelle entstehen im sogenannten Wachsausschmelzverfahren, einer alten handwerklichen Kunst, die Detailtreue und Langlebigkeit der bronzenen Reliefs sichern soll. Dabei erstellt die Gießerei aus dem ersten Kunststoffentwurf ein Wachsmodell, das von einer feuerfesten Masse ummantelt wird. Aus dieser ausgehärteten Form wird das Wachs ausgeschmolzen. In die dabei entstehenden Hohlräume wird die geschmolzene Bronze gegossen, die nach wenigen Sekunden erstarrt. Ist diese ausgehärtet, wird die äußere Form zerschlagen, um den bronzenen Rohguss zu entnehmen. Den Abschluss bilden die Feinarbeiten, zu denen auch das Einfärben des Modells gehört.

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